Klimaschutz gibt es nur ohne Blockaden

Fürters Hintergrund
3 min readNov 11, 2022

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Die “Letzte Generation” hält die politische Debatte im Zustand der Dauererregung. Die ganz große Mehrheit lehnt Anschläge von Radikalen auf Kulturgüter ebenso ab wie Straßenblockaden. Selbst die Grünen äußern sich kritisch. Aber in ihren Stellungnahmen höre ich folgende Stimmung durch: “Das Mittel ist falsch, aber die jungen Leute sind halt verzweifelt und wollen doch eigentlich das Richtige.”

Exemplarisch hierfür ein Statement der Umweltministerin Steffi Lemke:
„Wir brauchen diesen Antrieb auch, diesen Spiegel, der uns dort immer wieder vorgehalten wird. Die Aktionen, die Menschenleben gefährden könnten, halte ich für grundfalsch, die lehne ich ab. Aber dass es Ungeduld und auch Zorn gibt, das ist aus den Verfehlungen der letzten Jahrzehnte nicht nur der Bundesregierung, sondern vieler Staaten dieser Welt nachzuvollziehen.“

In Wahrheit ist das Mittel genauso verfehlt wie das Ziel.

Zwei Ideen für Klimaschutz

Dabei ist klimafreundliches Wirtschaften alternativlos. Die Folgen des Temperaturanstiegs infolge des Ausstoßes von Treibhausgasen sind im Wesentlichen unstrittig. Allerdings stehen sich zwei Konzepte gegenüber, wie wir Gesellschaft und Wirtschaft klimafreundlicher aufstellen. Auf der einen Seite steht die “Verzichtsideologie”, unterstützt von der “Letzten Generation”, Autoren und Teilen der Grünen. Sie besagt, dass wir das System von Freiheit und Kapitalismus überwinden müssen. Überspitzt formuliert: Klimaschutz erreichen wir, wenn wir das Licht ausstellen, nur noch vegan speisen, die Autos abschaffen und unseren Hobbys nachgehen (vorausgesetzt, sie sind klimaneutral). In dieser Welt sieht man die Mehrheitsgesellschaft, die immer noch mit dem Auto zur Arbeit fährt, sich gelegentlich ein Schnitzel gönnt und für den Urlaub nach Spanien oder in die Türkei fliegt, mit zunehmender Aggressivität. Sie sehen, dass viele nicht verzichten wollen und finden, mit Blockaden müsste nachgeholfen werden.

Dagegen argumentiert ein anderer Ansatz, der mit Innovationen und persönlicher Leistung in einem marktwirtschaftlichen System die Welt klimafreundlicher machen möchte. Dafür stehen all jene, die sich zum Beispiel trotz Behördenärger eine Solaranlage auf das Dach des eigenen Hauses setzen. Oder jene, die an Wegen forschen, CO2 aus der Atmosphäre abzusaugen, um für den wahrscheinlichen Fall gewappnet zu sein, dass die Klimaziele der Staatengemeinschaft am Ende doch verfehlt werden.

Straßenblockaden stehen sinnbildlich für diese Auseinandersetzung

Die Blockade von Straßen steht sinnbildlich für die Auseinandersetzung zwischen diesen Konzepten. Denn blockiert werden nicht nur die Porschefahrer auf dem Weg zum Flughafen, sondern auch alle Menschen, die bereits klimabewusst auf E-Mobilität umgestiegen sind. Blockiert werden auch Handwerksbetriebe, die mit ihrem Fahrzeug auf dem Weg zum Kunden sind, um eine Solaranlage auf dem Dach oder eine Wärmepumpe im Haus zu installieren. Blockiert wird also letztlich sogar die Energiewende selbst. Warum? Weil hier Menschen dabei sind, die Energiewende in einem marktwirtschaftlichen System umzusetzen, statt (wie es die Blockierer wollen) die Angst vor dem Klimawandel zu nutzen, um Gängelung und Planwirtschaft ins Werk zu setzen.

Welcher Weg ist aber nun erfolgversprechender, wenn es um Klimaschutz geht? Der planwirtschaftliche Weg wird es nicht richten. Dazu muss man sich nur die Umwelt- und Klimabilanz von Ländern anschauen, die stärker planwirtschaftlich ausgerichtet sind. Mit dem Abbau von bürgerlichen Freiheiten geht eben gerade kein Zuwachs an Umweltqualität einher. Im Gegenteil: Eine Gesellschaft, die Leistungsanreize abbaut, wird auch weniger innovativ den unstreitigen Herausforderungen des Klimaschutzes begegnen. Wir brauchen Menschen und starke Unternehmen, die sich diesen Aufgaben stellen. Mit einer Verteufelung von Leistung und Gewinnerzielungsabsichten gelingt dies nicht.

Was wir also brauchen ist nicht nur eine Kritik an den Methoden der radikalen Bewegung. Wir brauchen endlich auch eine kritische Auseinandersetzung mit ihren Zielen. Die klammheimliche Unterstützung bestimmter Milieus mit der “Letzen Generation” ist am Ende nur eins: Ein Hindernis auf dem Weg zum Klimaschutz.

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Fürters Hintergrund

Thorsten Fürter (53) hat Jura und Journalismus studiert. Er ist Mitglied der Lübecker Bürgerschaft und arbeit als Richter am Oberlandesgericht in Schleswig.